Fed vs. Märkte: Warum die USA die Zinsen nicht einfach senken können
Trotz politischem Druck zeigt die Realität: Die Federal Reserve hat nur begrenzten Einfluss auf Zinsen. Schuldenpolitik und Marktkräfte entscheiden mit – eine Analyse der wahren Treiber.
Veröffentlicht am: 27. Juni 2025

Die Debatte um die Zinspolitik der US-Notenbank (Fed) erreicht neue Höhen – doch viele Kritiker übersehen fundamentale ökonomische Prinzipien. Während die Trump-Administration lautstark Zinssenkungen fordert, zeigt eine nüchterne Analyse: Die Fed hat weniger Kontrolle über Zinsen, als allgemein angenommen. Schuldenpolitik, Marktkräfte und Inflation spielen eine mindestens ebenso große Rolle. Dieser Artikel beleuchtet die komplexen Zusammenhänge hinter den Kulissen.
Die Illusion der allmächtigen Fed
Die Vorstellung, die Fed könne Zinsen nach Belieben diktieren, ist weit verbreitet – und falsch. Tatsächlich:
- Die Fed beeinflusst primär den Federal Funds Rate (FFR), einen kurzfristigen Referenzzinssatz
- Seit der Finanzkrise 2008 hat sich der Mechanismus grundlegend verändert
- Langfristige Zinsen (wie Hypotheken oder Staatsanleihen) folgen eigenen Marktlogiken
Ein Beispiel verdeutlicht die Grenzen: Würde die Fed gegen Marktkräfte agieren und den FFR künstlich niedrig halten, drohte Inflation – was letztlich zu höheren Realzinsen führen würde. Ökonomen nennen dies den „Gibson-Paradox“.
Fiskalpolitik als unterschätzter Treiber
Die wahre Herausforderung liegt woanders:
- US-Staatsschulden stiegen unter Trump um $8,3 Billionen, unter Biden um $7,7 Billionen
- Das Schulden-zu-BIP-Verhältnis nähert sich 200%
- Jüngste Treasury-Auktionen zeigen bereits Nachfrageschwächen
„Wenn die Nachfrage nach Staatsanleihen sinkt, steigen die Zinsen – egal was die Fed tut“, erklärt ein Branchenkenner. Japan demonstriert dies eindrücklich: Trotz extrem lockerer Geldpolitik liegen die 10-Jahres-Zinsen dort bei 1,5% – getrieben von einem Schuldenberg, der 260% des BIP entspricht.
Warum politische Forderungen kontraproduktiv sind
Die aktuelle Rhetorik ist gefährlich:
- Handelsminister Lutnick beklagt „zu hohe“ US-Zinsen im Vergleich zu anderen Ländern
- FHFA-Direktor Pulte beschuldigt Fed-Chef Powell, „dem Land Unrecht zu tun“
- Trump selbst fordert öffentlich aggressive Zinssenkungen
Experten warnen: Solche Angriffe untergraben die Glaubwürdigkeit der Fed – was langfristig die Inflationserwartungen erhöhen und damit genau das Gegenteil bewirken könnte. „Geldpolitik braucht Unabhängigkeit, nicht politische Kurzatmigkeit“, so ein ehemaliger Fed-Ökonom.
Die Lehren für Anleger
Für Marktteilnehmer ergeben sich klare Implikationen:
- Fed-Entscheidungen sind nur ein Faktor im Zinsumfeld
- Staatsverschuldung und Anleihenachfrage gewinnen an Bedeutung
- Politische Einmischung erhöht die Volatilität
Die aktuelle Situation erinnert an die 1970er Jahre, als politischer Druck die Fed zu langer Laxheit verleitete – mit verheerenden Folgen. Ob die Geschichte sich wiederholt, hängt davon ab, ob Washington lernt: Nachhaltige Zinsen erfordern solide Finanzpolitik, nicht bloß Fed-Bashing.